Isla Volante

Logbuch der Insel von Rittiner & Gomez

Genau aber so

Sprechblasen Fumetto Graphic Novel Artwork

Er: «Meine Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, heute widmen wir uns einem Thema, das – zu Unrecht – im Schatten der grossen Diskussionen unserer Zeit steht. Ein Thema, das uns alle betrifft, das jedoch selten die gebührende Aufmerksamkeit erhält: die Sockenschublade. Ja, die Sockenschublade. Dieser stille Ort der täglichen Routine, jenes kleine Fach, verborgen in der Kommode, das doch so viel über einen Menschen aussagen kann. Werfen wir gemeinsam einen Blick in die Tiefen dieses viel zu oft übersehenen Mikrokosmos unserer Alltagsorganisation. Zunächst stellt sich die Frage: Wie sortiert man eine Sockenschublade korrekt? Ist es besser, nach Farben zu ordnen – Schwarz zu Schwarz, Weiss zu Weiss, gemustert zu gemustert – oder nach Länge: Sneakersocken, Kniestrümpfe, Wollsocken? Und was ist mit jenen Socken, die scheinbar jeder Logik trotzen – einzelne, verlassene Exemplare, deren Partner sich auf mysteriöse Weise in der Waschmaschine aufgelöst haben? Diese Einzelsocken – oder, wie ich sie gerne nenne, die Socken der Hoffnung – verdienen eine eigene Kategorie. Natürlich spielt auch das Falten der Socken eine entscheidende Rolle. Manche rollen sie liebevoll zusammen, andere schlagen sie einmal um und nennen es „gut genug“, während wahre Organisationsenthusiasten sogar spezielle Socken-Organizer verwenden. Ja, es gibt Organizer. Aus Filz, aus Plastik, sogar aus Bambus. Die Sockenschublade kann zum Design-Statement werden – wenn man es nur zulässt. Doch es geht nicht nur um Ästhetik, nein. Die Sockenschublade spiegelt unsere Persönlichkeit wider. Ist sie chaotisch? Dann ist ihr Besitzer vielleicht kreativ, spontan, voller Ideen. Ist sie ordentlich? Dann könnte es sich um jemanden handeln, der Struktur liebt, der weiss, wo seine Prioritäten liegen – nämlich bei der täglichen Entscheidung, welches Paar Socken das richtige für diesen Tag ist. Die Wahl der Socken ist ohnehin ein unterschätzter Moment im Tagesverlauf. Dünne Baumwolle oder kuscheliges Frottee? Neutraler Farbton oder knallbuntes Muster mit Bananen? Es sind Fragen wie diese, die – obwohl belanglos – unser Lebensgefühl beeinflussen können. Doch lassen Sie mich fortfahren: Was geschieht mit ausgedienten Socken? Viele werfen sie achtlos weg. Andere wiederum geben ihnen ein zweites Leben – als Putzlappen, Handpuppen oder gar als modisches Statement in Form von … sagen wir mal, sehr gewagten Armstulpen. Ja, die Socke lebt weiter, wenn man sie lässt. Und wie steht es um die sozialen Dynamiken innerhalb einer Sockenschublade? Ist da vielleicht Konkurrenz? Neid? Die eine Socke, die immer zuerst genommen wird, während andere monatelang unberührt bleiben – frustriert, vergessen. Vielleicht sollte man einmal eine Rotation einführen, um jedem Sockenpaar eine faire Chance zu geben. Einige Menschen – und ich zähle mich mit einer gewissen Leidenschaft dazu – sehen in der Sockenschublade sogar einen Spiegel der Gesellschaft. Es gibt Ordnung und Chaos, Alt und Neu, Laut und Leise, Bunt und Monochrom. Und am Ende – am Ende findet man immer etwas, das man gerade nicht sucht.»

Sie: «Jetzt müssen wir vorwärtsmachen, sonst verpassen wir die Fähre.»

Er arbeitet nicht gerne mit ihr zusammen, sie redet ihm zu fest rein.

SINE CONTENTO

Wenn die Gedanken kreisen wirr
Der Vortrag produziert Geklirr
Das Auditorium schläft ein
Dann wird es Zeit
Wir gehen heim

0296 |2025| ©HW
HerrWortranken