Doppelte Überraschung, ein Brief von Vicente und von einer von Alejandra. Für einen Moment fühlt sich Joven direkt am Meer auf der Isla Volante. Vicente ist einer seiner liebsten Mitschüler, dass der einen Brief schreibt? Wunder geschehen. In der Schule scheint alles seinen Gang zu gehen, Joven hat bisher kaum an die Schule gedacht. Im Gegensatz zu Schule gibt es hier keine Ermahnungen und kein Nachsitzen. Alle sind mit ihm rundum zufrieden und sitzen geht ja nicht und «geht» unmöglich.
Beim Erwachen stellt Joven fest, dass er alleine im Zimmer ist. Mathis ist nicht da und das Bett ist auch weg. Seine Hoffnung, dass es Mathis doch noch nach Hause geschafft hat, erfüllt sich nicht. Die Pflegerin Ebba teilt ihm mit, dass Mathis in der Nacht gestorben sei.
Jacob Benevolente, Greti und Emilia blieben heute länger zu Besuch.
Mathis will nach Hause, er will zu Hause sterben. Anscheinend raten ihm alle ab, aber er will hier nur noch weg. Joven weiss nicht wie er darauf reagieren soll und Einfluss hat es sowieso keinen. Weder die Sanatoriums Leitung, noch Mathis oder der Tod hören auf ihn.
Zwei Patientinnen, die sich als Greti und Emilia vorstellen, begleiten Jacob Benevolente bei seinem Besuch. Die Zeit vergeht im Flug. Danach geht es direkt mit Karl May in die Wüste. Die beschrieben Trockenheit und Hitze, animieren Joven aber nicht um seine obligatorischen Mengen Tee zu trinken. Heute fliesst der Tee, ohne seinen Körper zu passieren, in die Urinflasche. Vor dem Nachtessen flüchtet in seine Tagträume. Alles scheint gut zu sein.
Normalerweise geht Mathis mit seiner Frau Manon nach draussen und versucht noch ein wenig oberhalb der Steilküste dem Meer entlangzuspazieren. So kann er auch seine Tochter sehen. Die darf, wegen der Ansteckungsgefahr, das Spital nicht betreten. Joven ist genau genommen auch noch zu jung, also besuchen dürfte er sich selber nicht.
Nach dem Besuch von Jacob Benevolente versucht sich Joven in „Durch die Wüste“ von Karl May hineinzulesen. Nach drei Seiten schläft er nun, mit offenem Buch in den Händen.
Den Brief an Alejandra hat er geschrieben und auch schon abgeschickt. Jacob Benevolente war pünktlich erschienen. Die alltägliche Pflege und Verrichtungen sind erledigt. Kaum ist alle vorbei, kommt eine Gruppe Klosterfrauen zu einer Visite. Joven hat keine Ahnung, wieso und warum die ihn besuchen. Es wird viel geredet und gelacht, Joven bekommt zwar nicht genau mit, um was es genau geht. Das Sprachgemisch ist Babylonisch. Mathieu wird auch noch in die Konversation hinein verwickelt. Am Schluss schenken sie ihm einen Stapel Romane von Karl May. Joven ist überfordert.
Körpertemperatur: 36,6°
Blutdruck: 115/70
Gewicht: 35 Kg
Wieso ihm ausgerechnet die Mitschülerin Alejandra einen Brief schreibt, ist Joven rätselhaft. Er hat in der Schule mit ihr kaum mehr als das Nötigste gesprochen und irgendwie schien die in einer anderen, als seiner Welt zu leben. Sie schreibt: „Ich vermisse dich in der Schule… und hoffentlich bis bald wieder in der Schule. Liebe Grüsse Alejandra“
Die Pflegerin Saar bringt ihm gleich Briefpapier, damit er antworten kann. Jovens Einwand, dass dies auf dem Rücken liegend und mit einer Infusion im Arm nicht gehe, lässt sie nicht gelten. Sie werde ihm auch noch einen Briefumschlag und eine Briefmarke besorgen. Dabei machen Joven vor allem seine schreckliche Schrift und seine Rechtschreibung sorgen. Die Schrift von Alejandra sieht so perfekt aus, da ist es fast egal was man schreibt. Joven verlangt mehr Papier, er muss doch zuerst noch üben. Im ersten Anlauf hat er auch noch nie einen Aufsatz geschafft und einen Brief hat er noch gar nie geschrieben.
Zum ersten Mal in seinem Leben hat es Joven mit erwachsenen Menschen zu tun, die ihn nicht ständig ermahnen oder korrigieren. Die drei Pflegerinnen behandeln ihn sehr wohlwollend. Saar, Ebba und Lieke, Ebba kommt aus Schweden und Saar und Lieke aus den Niederlanden. Vermutlich arbeiten sie hier, um Französisch und Deutsch zu lernen. Im Bett liegend kann Joven ja auch nicht sehr viel falsch machen. Nicht einmal von der Schwester Consulata gab es bisher irgend eine Beanstandung. Vielleicht haben einfach alle nur Mitleid mit ihm. So wie Ebba ihn ab und zu anschaut, muss es ihm schlecht gehen. Dabei fühlt er sich wohl und ist voller Zuversicht.
Da es ohne Unterbruch regnet, liegt Mathis den ganzen Tag schlafend im Bett. Jacob Benevolente brachte wie jeden Tag die Zeitung und informierte ihn über das Neuste von der Insel.
Sein Mitpatient Mathis schaut sich den ganzen Sonntag die Flandern Rundfahrt an, Joven döst vor sich hin und findet, kann kaum verstehen, was dabei spannend sein soll. Die Pflegerin Lieke aus den Niederlanden, ist auch fast die ganze Zeit im Zimmer und erklärt Joven, dass dies der wichtigste Feiertag in Belgien sei, die Ronde van Vlaanderen. Für sie ist der Tag perfekt, wen am Schluss ein niederländischer Fahrer gewinnt.
Körpertemperatur: 36,9°
Blutdruck: 120/80
Ronde van Vlaanderen
Die Flandern-Rundfahrt (“De Ronde van Vlaanderen”, “Vlaanderens mooiste”) ist das populärste Eintagesrennen Belgiens. Sie wird zu den Klassikern und den fünf Monumenten des Radsports gezählt.
Ohne Vorwarnung wird er aus seinem Einzelzimmer in ein Doppelzimmer geschoben. Das Zimmer ist gegen das Meer ausgerichtet, aber da sein Bett gegen den Gang steht, und der Balkon keinen Durchblick zulässt, sieht er auch auf der Meerseite nur den Himmel. Das Zimmer ist aber viel heller und es hat ein Fernsehgerät. Sein Mitpatient sei der jüngste nach ihm, im ganzen Sanatorium. Er ist 31-jährig und spricht nur französisch. Joven Französisch-Kenntnisse sind sehr bescheiden, was eigentlich schon eine Übertreibung ist. Der Mann ist sehr schmal und traurig, aber freundlich. Da er nicht das Bett hüten muss, verlässt er gleich, nachdem sie einander vorgestellt wurden, das Zimmer. Joven ist ein wenig besorgt, da er ja all seine Geschäfte im Bett erledigen musste und ob dies bei seiner Anwesenheit auch funktioniert und wie er darauf reagieren wird.